IG Metall startet Begehren

IG Metall

27.05.2004 Erstes Arbeitnehmerbegehren in Deutschland

Die IG Metall startet am 1. Juni das erste Arbeitnehmerbegehren in Deutschland als Ausdruck des gesellschaftlichen Protestes gegen den Sozialabbau. "Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, die Sackgasse zu erkennen, in der Regierung und Opposition stecken", sagte der Erste Vorsitzende der IG Metall, Jürgen Peters, auf einer Pressekonferenz am Mittwoch in Frankfurt. "Man wird diese Sackgasse nicht ver­lassen, indem man jetzt mit höherer Geschwindigkeit gegen die Wand fährt, sondern indem man endlich die Richtung ändert." Bis in den Herbst hinein werde die IG Metall für eine andere Reformpolitik werben und ein Votum in den Betrieben und der Öffentlichkeit sammeln, um es dann den politischen Parteien zu präsentieren.

"Der politische und ökonomische Mainstream spült derzeit alles weg, was nicht strom­linienförmig ins Konzept passt", sagte Peters. Dem wolle die IG Metall mit dem Arbeit­nehmerbegehren entgegenwirken und für ihre Alternativkonzepte in der Wirtschafts- und Sozialpolitik werben. Beispielhaft verwies Peters auf das Modell der Bürger­versicherung, bei der durch das Einbeziehen von Selbständigen und Beamten die gesetzliche Kranken­versicherung auf eine breitere Basis gestellt werden soll. "Wir brauchen ein gesetzliches Rentenniveau, das Altersarmut verhindert", sagte Peters und plädierte für eine Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge. In der Steuerpolitik sprach er sich für einen Eingangssteuersatz von 15 Prozent, einen Spitzensteuersatz von zumindest 45 Prozent sowie für die Besteue­rung von großen Vermögen und Erbschaften aus.

Entschieden forderte er die Rücknahme der verschärften Zumutbarkeitsregelungen für Langzeitarbeitslose. "Damit werden schuldlos arbeitslose Menschen zusätzlich bestraft und entwürdigt", sagte Peters. Er forderte eine offensive Beschäftigungspolitik und ein europa­weit abgestimmtes Investitionsprogramm. "Wenn wir jetzt nicht investieren, hinterlassen wir unseren Kindern ein Land mit maroder Infrastruktur, krankem Gesundheitswesen und rück­ständigem Bildungssystem." Wenn der Anschluss hier verloren gehe, werde sich das In­dustrie­land Deutschland nie von dieser Hypothek erholen, warnte Peters.

Peters rief Verbände und Organisationen dazu auf, sich dem Arbeitnehmerbegehren anzuschließen. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Initiative der IG Metall auf breite gesellschaftliche Zustimmung stoßen werde. "Zum Aktionstag der Gewerkschaften am 3. April sind bei der größten Demonstration in Deutschland über 500 000 Menschen auf die Straße gegangen. Die Quittung, die wir der Politik mündlich gegeben haben, bekommt sie jetzt auch schriftlich." Der Eintrag in das Arbeitnehmerbegehren ist auch online über die eigens eingerichtete Internetseite möglich.

Letzte Änderung: 21.03.2013