Wichtiger Partner, aber auch Konkurrent

Vorschaubild

01.06.2018 Chinesische Investoren in Deutschland: Wichtiger Partner u. ernstzunehmender Konkurrent - IG Metall sieht dringenden Handlungsbedarf u. fordert eine strategische europäische Industriepolitik

Chinesische Investoren in Deutschland

Wichtiger Partner und ernstzunehmender Konkurrent zugleich

Chinesische Konzerne genießen in Deutschland und der EU bislang große Freiheiten. Doch Zweifel an Seriosität und guten Absichten bestimmter Investoren wachsen. Die Konflikte in deutschen Betrieben nehmen zu.

Eine positive Grundstimmung weicht immer öfter Skepsis, wenn chinesische Unternehmer bei deutschen Technologieunternehmen zugreifen. "Längst nicht alle chinesischen Investitionen sind erfolgreich. Auch Arbeitnehmerrechte bleiben dabei zunehmend auf der Strecke", sagt Wolfgang Lemb, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall. Die Befürchtung wächst, dass sich Chinesen gestützt durch staatliche Subventionen gezielt Knowhow zukaufen und am Ende deutsche Werke schließen müssen.

Mit prallgefülltem Geldbeutel sind private, halbstaatliche oder staatliche Investoren aus China seit einigen Jahren in Deutschland und Europa auf Streifzug. Besonders angetan haben es ihnen Hochtechnologieunternehmen der deutschen Chemie-, Pharma-, Metall- und Elektroindustrie. Über allem schwebt dabei das industriepolitische Ziel der chinesischen Regierung im Rahmen der "Made in China 2025"-Strategie , bis 2049 - dem 100. Geburtstag der Volksrepublik - die Vormachtstellung in Schlüsselindustrien wie Automobil, Maschinenbau oder Robotik zu übernehmen. Damit machen die Chinesen der deutschen Wirtschaft ihre Kernkompetenzen streitig.

Negative Erfahrungen nehmen zu

Zu Beginn ihrer Einkaufstour haben chinesische Investoren deutsche Firmen oft erfolgreich wieder aufgepäppelt. "Es gibt sicher einige positive Fälle, bei denen das chinesische Engagement zu einer Beschäftigungssicherung oder sogar zu einem Beschäftigungszuwachs geführt hat", erklärt Wolfgang Lemb. "Doch inzwischen nehmen die negativen Erfahrungen und Konflikte in den Betrieben zu." Ob der an deutschen Standorten geplante oder bereits erfolgte Beschäftigungsabbau in erheblicher Höhe damit zu tun hat, dass Technologie abgezogen wurde und damit die Standorte aus Sicht der chinesischen Investoren entbehrlich werden, muss dringend geprüft werden.

In den Betrieben mehren sich auch von Seiten der Beschäftigten und Betriebsräte Beschwerden, denn chinesische Manager scheren sich vielfach nicht um Arbeitsrecht und Mitbestimmungskultur: Was ist ein Tarifvertrag? Wie sehen die Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten aus? Solche Fragen müssen Betriebsräte und die IG Metall den neuen Chefs aus China erst mal mühsam erklären - sofern sie überhaupt Gehör finden.

Verbindliche Investitionsprüfung

Die IG Metall teilt die Besorgnis von Betriebsräten und Beschäftigten und fordert eine verbindliche Investitionsprüfung, die auch eine industrie- und arbeitspolitische Dimension miteinschließt. Denn in Deutschland kann einer Übernahme bislang nur ein Riegel vorgeschoben werden, wenn dadurch die "öffentliche Sicherheit und Ordnung" gefährdet ist. Und auch nur dann, wenn es ein Investor auf mindestens 25 Prozent eines Unternehmens abgesehen hat. Erfolglos hatte die Bundesregierung beispielsweise 2016 versucht, den Verkauf des Roboterherstellers Kuka an den chinesischen Haushaltsgerätehersteller Midea zu verhindern.

Über den Zugang deutscher Unternehmen auf den chinesischen Markt aber auch den Zugang zur Wirtschaft in Deutschland spricht Kanzlerin Angela Merkel an diesem Donnerstag und Freitag auf ihrer Reise nach Fernost mit Staatspräsident Xi Jinping und Regierungschef Li Keqiang. Wegen Erfahrungen wie der bei Kuka ist auch die Bundesregierung alarmiert. Deutschland gehörte daher zu den treibenden Kräften, die sich für einen gemeinsamen europäischen Rahmen zur nationalen Überprüfung von ausländischen Investitionen einsetzte. Ende 2018 soll ein entsprechender Vorschlag der EU-Kommission verabschiedet werden.

Bisher fehlt den EU-Mitgliedstaaten eine einheitliche Linie gerade im Umgang mit China. Die IG Metall sieht dringenden Handlungsbedarf und fordert, eine strategische europäische Industriepolitik zu entwickeln, um bestimmte Branchen und Industriezweige besonders zu fördern und in Europa zu halten. Zum Schutz der Beschäftigten und Technologien.

Letzte Änderung: 25.05.2018