Tarifpolitische Entschliessung

IG Metall

20.10.2003 Mit Tarifpolitik gerechtere Verteilung des Reichtums schaffen

Die IG Metall will mit ihrer Tarifpolitik einen Beitrag zu einer gerechteren Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums erreichen. "Tarifpolitik ist immer auch Verteilungspolitik", wird in der tarifpolitischen Entschließung formuliert, die der Gewerkschaftstag der IG Metall am Freitag in Hannover verabschiedet hat. In den 80er und 90er Jahren sei der Gewinnanteil am Volkseinkommen gegenüber dem Lohnanteil gestiegen. Die Lohnquote sei gesunken. Diese Fehlentwicklung müsse korrigiert werden. Die Arbeitgeber versuchten als einzige Richtlinie für die Tarifpolitik nur die Produktivitätsentwicklung durchzusetzen. Sie strebten damit eine nachhaltige Senkung des Lohnniveaus an. Deshalb sei auch in Zukunft eine "aktive Tarifpolitik" notwendig, die das Verteilungsvolumen von Inflationsrate und Produktivitätszuwachs ausschöpfe und auf ein Mehr an Verteilungsgerechtigkeit durch eine Umverteilungsquote zielt, heißt es in der Entschließung.

Zur laufenden Debatte über erfolgsabhängige Lohnbestandteile stellt die IG Metall fest: "Die Tarifpolitik der IG Metall ist und bleibt den Interessen aller Beschäftigten in ihrem Organisationsbereich verpflichtet". Modelle, die auf eine erfolgsabhängige Differenzierung der regelmäßigen monatlichen Grundentgelte zielen, lehnt die IG Metall ab. Dies gelte auch für Modelle, die mit der Gefahr verbunden sind, dass das Niveau der Tarifabschlüsse in der Fläche sinkt. Risikoverlagerungen der Arbeitgeber auf die Beschäftigten müssten zurückgewiesen werden. "Die tarifliche Regelung erfolgsabhängiger Entgelte kann deshalb nur zusätzlich zu den heute bestehenden tariflichen Entgelten vereinbart werden". Die Bestrebungen der Arbeitgeber nach einer weiteren Variabilisierung der Entgelte nach unten weist die IG Metall zurück. Denkbar sei die tarifliche Verankerung erfolgsabhängiger Entgelte in Form eines zusätzlichen tariflichen Bausteins für gesonderte Jahreszahlungen. In einem Ergänzungsantrag spricht sich der Gewerkschaftstag dafür aus, dass bis Ende des Jahres 2005 der Verständigungsprozess über eine "stärker erfolgsabhängige Differenzierung der Tarifpolitik durch einen Beschluss des Vorstands über die mittelfristige tarifpolitische Planung vorläufig abgeschlossen" sein soll.
Die Tarifpolitik muss sich in den Betrieben immer differenzierteren Realitäten stellen, wird in der Entschließung betont. Tarifpolitik habe dabei die Aufgabe, bisherige Errungenschaften zu bewahren und gleichzeitig neue Arbeitskonstellationen zu gestalten. Darum müsse das Tarifsystem und der Flächentarifvertrag inhaltlich und qualitativ weiter entwickelt werden. Heute werde zunehmend die Regelungshoheit der Tarifvertragsparteien in Frage gestellt. Deregulierung werde als Voraussetzung einer beschäftigungspolitischen und ökonomischen Wende erklärt. Vor allem das Tarifvertragsrecht mit seinem Günstigkeitsprinzip und der Paragraf 77.3 des Betriebsverfassungsgesetzes würden als Hemmschuhe jeglicher Entwicklung gebrandmarkt. Damit werde nicht nur das Tarifvertragssystem prinzipiell in Frage gestellt, sondern auch die Gestaltungskraft der Gewerkschaften und die Handlungsfähigkeit der Betriebsräte. Diese wären ohne verbindlichen tariflichen Rahmen dem Erpressungsdruck der Arbeitgeber ausgeliefert, betont die IG Metall. Auch die Forderung an die Tarifvertragsparteien, "betriebliche Bündnisse" mehr als bisher aufzuwerten, sowie die Androhung gesetzlicher Öffnungsklauseln, stelle eine Kampfansage an die Gewerkschaften dar, "der sich die IG Metall widersetzen wird".

Zur Verteidigung der Tarifautonomie und der Flächentarifverträge beharrt die IG Metall auf dem grundgesetzlich garantierten Streikrecht. Nur dadurch könne die Parität im Kräfteverhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern gewahrt bleiben. Die IG Metall fordert deshalb von der Bundesregierung die Einlösung des Wahlversprechens der SPD, den "Antistreikparagrafen" 146 Sozialgesetzbuch III (kein Kurzarbeitergeld bei Auswirkungen außerhalb des Streikgebiets) zu verändern und mindestens die vorherige Rechtslage wiederherzustellen.

Letzte Änderung: 21.03.2013