Positionspapier zur Bundestagswahl

IG Metall

10.06.2002 Klaus Zwickel: "Wir wollen mehr Arbeit und soziale Gerechtigkeit"

Die IG Metall wird sich aktiv in den bevorstehenden Bundestagswahlkampf einmischen und für mehr Arbeit und soziale Gerechtigkeit kämpfen. Vor dem Hintergrund von über vier Millionen Arbeitslosen sei eine Wende in der Beschäftigungspolitik notwendig, stellte der Vorstand der IG Metall in einem beschlossenen Positionspapier zur Bundestagswahl fest. Im Zentrum der Politik der kommenden vier Jahre müssten die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der Aufbau neuer Arbeitsplätze stehen. "Dazu brauchen wir einen Kurswechsel in der Haushalts- und Finanzpolitik und eine Politik, die Investitionen und Beschäftigung fördert", sagte Gewerkschaftsvorsitzender Klaus Zwickel. "Eine Finanz- und Wirtschaftspolitik, die nur spart, ist Gift für Konjunktur und Beschäftigung." Die IG Metall sprach sich für eine gerechtere Besteuerung von großen Vermögen und Erbschaften, die Einführung einer Devisenumsatzsteuer sowie die Verpflichtung der Europäischen Zentralbank auf die Förderung von Wachstum und Beschäftigung aus. Gleichzeitig bekräftigte der IG Metall-Vorstand seine Bereitschaft zur Mitwirkung an einem verbesserten Bündnis zur Zukunft der Arbeit, das eindeutig der Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen und größerer sozialer Gerechtigkeit diene. Dazu gehöre auch ein stärkeres Engagement der Bundesregierung und die Verpflichtung der Arbeitsgeber- und Wirtschaftsverbände auf diese Ziele.
Weitere zentrale Aufgaben der Politik der kommenden vier Jahre sind nach Auffassung der IG Metall die Erneuerung des Sozialstaates, eine umfassende Bildungsreform, die Gleichstellung von Frauen und Männern im Berufsleben sowie die Sicherung und der Ausbau von Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechten.
Die Sozialversicherungssysteme sollten zu einer Erwerbstätigenversicherung für alle Arbeitnehmer ausgebaut werden. Dabei dürften die Prinzipien der solidarischen Finanzierung nicht in Frage gestellt werden. Eine Privatisierung der Risiken aus Krankheit und Arbeitslosigkeit lehnte Zwickel ab. Er sprach sich gleichzeitig für die Erweiterung von Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechten aus. Die Politik müsse die Macht der Märkte begrenzen und die Rechte der Menschen stärken. Dazu gehörten sowohl der Ausbau der Mitbestimmung als auch die Sicherung der im Grundgesetz verankerten Tarifautonomie. "Sie ist durch Wiederherstellung des vollen Streikrechts der Gewerkschaften und die Einführung eines Verbandsklagerechts zu stärken", fordert die IG Metall.

Die Bilanz nach vier Jahren rot-grüner Politik bewertete die IG Metall als zwiespältig. Im Vergleich zur Kohl-Regierung hätten SPD und Grüne wichtige Verbesserungen für Arbeitnehmer durchgesetzt. Dazu gehörten die Reform des Betriebsverfassungsgesetzes, die Verbesserung des Kündigungsschutzes, die Sicherung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, das Job-AQTIV-Gesetz und der Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit. Bewerteten die Gewerkschaften die Arbeit von Koalition und Regierung aber an den Maßstäben ihrer Kampagne zur Bundestagswahl und den rot-grünen Reformankündigungen von 1998, seien die Erwartungen an einen Politikwechsel bisher nicht erfüllt worden. Die weiterhin hohe Arbeitslosigkeit und die Ungerechtigkeiten bei der Verteilung von Arbeit, Bildung, Einkommen und Vermögen zeigten die Schwachpunkte der Regierungspolitik. Im Mittelpunkt der Politik stünden nicht Arbeit, Gerechtigkeit und Innovation, sondern die Spar- und Konsolidierungspolitik. Trotz vieler richtiger Einzelentscheidungen sei es der rot-grünen Regierung nicht gelungen, ein Reformprojekt für Arbeit und soziale Gerechtigkeit auf den Weg zu bringen.

Gleichzeitig machte der Vorstand der IG Metall deutlich, dass die Opposition von CDU/CSU und FDP für Arbeitnehmer keine Alternative ist. Kanzlerkandidat Edmund Stoiber wolle den Kündigungsschutz und die Rechte von Betriebsräten einschränken, den Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit wieder abschaffen und Spitzenverdiener steuerlich noch stärker entlasten. Mit der Abschaffung des Tarifvorrangs und der Neuinterpretation des Günstigkeitsprinzips wollten die Unionsparteien und ihr Kanzlerkandidat eine radikale Veränderung der industriellen Beziehungen und des kollektiven Arbeitsrechts durchsetzen. Sowohl die Betriebsparteien als auch einzelne Beschäftigte sollten Tarifverträge unterschreiten und auf tarifvertragliche Ansprüche verzichten können. Damit würde die durch das Grundgesetz garantierte Tarifautonomie faktisch aufgehoben.

Letzte Änderung: 21.03.2013