Ausbildungsplatznot
Die IG Metall erwartet von der Bundesregierung neue und wirksame Instrumente, um die Betriebe zu einem stärkeren Ausbildungsengagement zu bewegen. "Wohlklingende Erklärungen und Fototermine in Berlin ersetzen notwendige Strukturreformen nicht", sagte IG Metall-Vorstandsmitglied Erwin Vitt am Montag in Frankfurt. Einige man sich nur auf Minimalkonzepte und nicht auf neue und wirksame Instrumente, wie beispielsweise ein Bonus-Malus-System bei der Bereitstellung von betrieblichen Ausbildungsplätzen, "dann wird aus dem Ausbildungsgipfel sehr schnell ein Leerstellen-Gipfel", betonte Vitt.
Der Ausbildungsgipfel müsse da ansetzen, wo Bundeskanzler Gerhard Schröder in seiner Regierungserklärung im März aufgehört habe. Schröder hatte erklärt, wenn die Wirtschaft nicht jedem Bewerber 2003 einen Ausbildungsplatz verschaffe, werde es im Laufe des Jahres 2004 zu einer gesetzlichen Regelung kommen. "Damit ist der Fahrplan für die Ausbildungsoffensive 2003 klar. Jetzt muss die Wirtschaft konkret etwas tun", forderte der Gewerkschafter. Vitt warnte die Bundesregierung davor, die von den Arbeitgeberverbänden immer wieder vorgetragenen Forderungen nach Kurzausbildungsgängen oder nach Reduzierung der Ausbildungsvergütungen aufzugreifen. "Eine Politik, die scheibchenweise Forderungen der Arbeitgeberverbände aufgegriffen hat, hat uns schließlich in diese schwierige Lage gebracht. Ein weiter so, kommt da nicht in Frage", sagte Vitt.
Es dürfe nicht bei den bisher meist wirkungslosen Appellen der Politiker, Arbeitgeberverbände und Kammern an die Unternehmen bleiben, mehr Ausbildungsplätze bereit zu stellen.
Wie spurlos die Appelle beispielsweise an den 30 im Deutschen Aktienindex (DAX) gelisteten Unternehmen vorbei gehe, zeige eine aktuelle Umfrage der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: Danach verringerten Unternehmen wie die Deutsche Post
die Zahl ihrer Ausbildungsplätze um 350, die Deutsche Bank um 200, die Commerzbank um 200, Siemens um 200, die Bayerische Hypovereinsbank um140, die SAP um 30 und Infineon um 10 Plätze. Die Unternehmen MAN und Allianz bilden
nach der Umfrage ebenfalls weniger aus. Alle übrigen Unternehmen, mit Ausnahme des Pharmakonzerns Altana, gingen nur von konstanten Einstellungszahlen aus. "Wie unterschiedlich ausgeprägt das Ausbildungsengagement der
DAX-Unternehmen ist, zeigt sich an der Ausbildungsquote, dem Verhältnis der Zahl der Auszubildenden zur Gesamtbelegschaft", sagte Vitt. Mit Ausbildungsquoten von zwei Prozent und weniger operierten die Deutsche Börse, SAP,
Lufthansa, Adidas-Salomon und Fresenius. Die höchste Ausbildungsquote weise die Münchener Rück mit 8,4 Prozent aus. "Seit Jahren ziehen sich immer mehr Betriebe aus der Verantwortung für die Berufsausbildung",
kritisierte Vitt. "Nur 30 Prozent der Betriebe beteiligen sich an der Berufausbildung. Das ist eindeutig zu wenig". Der gravierende Rückgang betrieblicher Ausbildungsangebote gefährde nicht nur die Berufschancen vieler
Jugendlicher, sondern auch die Sicherung des Fachkräfte-Nachwuchses in den Unternehmen.
Letzte Änderung: 21.03.2013