Position der Alstom Betriebsräte

14.05.2003 Geplante Maßnahmen weder sachlich noch inhaltlich begründbar

Der Konzernbetriebsrat sowie der Betriebsrat Mannheim-Käfertal der ALSTOM PowerAG veröffentlichten am 13. Mai 2003 eine Presseinformation zu den geplanten Restrukturierungsmaßnahmen der Konzernleitung in Paris. Nachfolgend die Presseinformation im Wortlaut (auch als pdf Datei herunterladbar):

PRESSE-INFORMATIONEN:
ZU DEN GEPLANTEN RESTRUKTURIERUNGSMASSNAHMEN
DER ALSTOM-KONZERNLEITUNG IN PARIS

1 Struktur

Am ALSTOM-Standort Mannheim-Käfertal befinden sich drei getrennte Gesellschaften mit folgenden wesentlichen Funktionen und Fähigkeiten:

- ALSTOM Power Generation AG (APG) Verkauf und Planung schlüsselfertiger Kraftwerksanlagen, Verkauf und Konstruktion von Dampfturbinen und Generatoren, Fertigung von Gas- und Dampfturbinen und Generatoren,

- ALSTOM Power Service GmbH (SER)
Service für Kraftwerksanlagen

- ALSTOM Power Support GmbH (APS)
Dienstleistungen u.a. für APG und SER.

Die Belegschaftsstärke am Standort beträgt ca. 2.350 MitarbeiterInnen.

2 Marktsituation

Nach einem Boom in den vergangenen 2 Jahren insbesondere im amerikanischen Markt ist der Weltmarkt drastisch zusammengebrochen. Zusätzlich wurden in dieser Zeit Konzern-interne Überkapazitäten ausgebaut durch umfangreiche Investitionen im Werk Belfort (F) und durch überproportionale Einstellungen in der Schweiz.

Am deutschen Markt wird z.Zt. von den Betreibern schwerpunktmäßig in Service und Rehabilitation von Altanlagen investiert. Beobachter prognostizieren jedoch einen Anstieg für Kraftwerks-Neubauten in Deutschland ab ca. 2006. Erste Studien dazu werden z.Zt. mit den Betreibern erörtert.

3 Geschäftslage

In den letzten 2-3 Jahren hat die deutsche ALSTOM Power Gruppe ein excellentes Geschäftsergebnis erarbeitet und Erträge, teilweise weit über Budget, an die Konzernleitung in Paris abgeliefert. Im Geschäftsjahr 2002/03 war dies ein 3-stelliger Millionen Euro Betrag. Ein wesentlicher Beitrag dazu lieferte auch die ALSTOM Power Generation AG in Mannheim. Die deutsche ALSTOM Power hat mit ihrem Cash flow darüber hinaus einen wesentlichen positiven Beitrag zur internationalen CF-Situation geleistet.

4 Restrukturierungsplanungen der Pariser Konzernleitung

Die ersten Maßnahmen aus einer Reihe von weiteren Planungen betreffen das "Power Turbo Systems" Segment. In diesem Konzernbereich sollen von weltweit tätigen 11.000 Mitarbeitern 3.000 Arbeitsplätze abgebaut werden. Davon entfallen in Deutschland 700 Arbeitsplätze.

Von dieser ersten Maßnahme ist in Deutschland nur der Standort Mannheim betroffen und davon aus den o.g. Gesellschaften ein Teil der APG mit ca. 1.500 Mitarbeitern, d.h. in dem betroffenen Unternehmensteil in Mannheim soll jeder zweite Arbeitsplatz entfallen.

Nach den Planungen der Konzernleitung soll z.B. die Fertigung für Generatoren komplett geschlossen werden, das Geschäft mit schlüsselfertigen Kraftwerksanlagen soll auf ein sogenanntes "Kundenbüro" reduziert und die restlichen Funktionen sollen entsprechend ausgedünnt werden.

5 Befürchtete Folgen

Die Fähigkeiten Großgeneratoren für Kraftwerke zu bauen und komplette schlüsselfertige Kraftwerksanlagen zu planen und zu erstellen wären für die deutsche Unternehmensgruppe unwiederbringlich verloren.

Infolge der stark reduzierten Wertschöpfung und der remanenten Fixkosten (z.B. durch Overheads, leerstehende Werkshallen usw.) würden die Stundensätze für die verbleibenden Leistungen überproportional ansteigen, eine marktgerechte Preisgestaltung wäre nicht mehr möglich.

Mit deutschen Steuergeldern finanzierte Aufträge (KFW, Hermes) sollen über das in Deutschland verbleibende "Kundenbüro" hereingeholt und mit Wertschöpfung in Frankreich und der Schweiz abgewickelt werden.

Die Bedürfnisse der deutschen Kraftwerksbetreiber, die auch während der gesamten Abwicklungsphase eines Kraftwerksauftrages mit den Partnern beim Auftragnehmer gemeinsam technische Lösungen auf der Basis deutscher Regelwerke und in deutscher Sprache ortsnah erarbeiten wollen, können nicht mehr erfüllt werden.
Dies kommt einem gezielten Verzicht auf den erwarteten ansteigenden deutschen Markt gleich. Das würde darüber hinaus eine Monopolstellung für den dann einzigen verbleibenden deutschen Kraftwerksbauer führen.

6 Weiteres Vorgehen

Der Europäische Betriebsrat stellte an die Konzernleitung die Forderung nach detaillierten Informationen und anschließender Beratung mit dem EBR, entsprechend der EBR-Vereinbarung mit dem Unternehmen.

Der geschäftsführende Ausschuss des Europäischen Betriebsrates hat einstimmig beschlossen, diese Forderung gegebenenfalls gerichtlich durchzusetzen.

Der Aufsichtsrat der ALSTOM Power AG hat auf Antrag der Arbeitnehmervertreter auf seiner Sitzung am 30.04.03 mit Stimmenmehrheit beschlossen, die geplanten Restrukturierungsmaßnahmen in der vorliegenden Form abzulehnen und hat den Vorstand aufgefordert, mit der Pariser Unternehmensleitung in Verhandlungen zu treten, mit dem Ziel, Alternativen zu erarbeiten zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Geschäftsteile.

Der Konzernbetriebsrat sieht die geplanten Restrukturierungsmaßnahmen durch keinerlei sachliche und konzeptionelle Hintergründe begründbar. Die Planungen scheinen rein politisch motiviert aus der jeweiligen nationalen Sicht der französische Konzernleitung und der leitenden Funktionsträger in der Schweiz.

Der KBR wirft der Konzernleitung durch praktischen Verzicht auf den deutschen Markt vor, dem Gesamtunternehmen ALSTOM letztendlich zu Schaden und hat in seiner außerordentlichen Sitzung am 05. Mai 2003 einstimmig beschlossen, gemeinsame Aktionen gegen den geplanten Arbeitsplatzabbau in Mannheim durchzuführen.

In den nächsten 4 bis 6 Wochen werden z.B. an allen deutschen ALSTOM -Power- Standorten Betriebsversammlungen stattfinden.

Anhänge:

Protestkundgebung 30.4.

Protestkundgebung 30.4.

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Die Presseinformation

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Letzte Änderung: 21.03.2013