Bürgerversicherung

IG Metall

29.07.2003 Erwerbstätigenversicherung entwickeln, statt Sozialleistungen abbauen!

Anlässlich der aktuellen Debatte um eine Bürgerversicherung hat Horst Schmitthenner, geschäftführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, Vorstellungen zur Weiterentwicklung der Sozialversicherungssysteme zu einer Erwerbstätigenversicherung präsentiert. Schmitthenner forderte die Einbeziehung aller Erwerbstätigen in die Kranken- und Rentenversicherungspflicht. Dies erfordere die Aufhebung der Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sowie eine allgemeine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV). Ferner forderte Schmitthenner die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung von derzeit 3450 Euro auf das Niveau der Rentenversicherung von 5100 Euro beziehungsweise 4250 Euro in Ostdeutschland. Beide Maßnahmen seien sinnvoller als die im Rahmen einer faktischen Großen Koalition entwickelten Vorschläge zur zusätzlichen Belastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch Leistungsausgrenzungen und Kostenverlagerungen beim Krankengeld und dem Zahnersatz.

Schmitthenner erläuterte, dass ein ähnliches Konzept auch im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung verfolgt werde. Auch hier müsse es darum gehen, dass Selbstständige, Beamte sowie die Mitglieder von berufsständischen Versorgungswerken integriert werden. Schmitthenner machte darauf aufmerksam, dass das von der IG Metall geforderte Konzept sich von verschiedenen unter dem Etikett der "Bürgerversicherung" segelnden Vorschlägen unterscheide.

Den Forderungen sei zwar gemeinsam, dass es darum gehe, mehr Menschen in die Sozialversicherung zu integrieren. Im Gegensatz zu den Bürgerversicherungskonzepten gehe die IG Metall aber davon aus, dass es nach wie vor richtig ist, die Beitragshöhe nach den Einkommen zu bemessen und somit zum einen sicherzustellen, dass die Beiträge grundsätzlich nach der finanziellen Leistungsfähigkeit erhoben werden und zum anderen, dass im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung zumindest ein Beitrag zur Lebensstandardsicherung geleistet würde. "Dies beinhaltet eine klare Absage an Überlegungen, Versicherungsbeiträge als pauschalen Kopfbeitrag zu erheben", erklärte der für Sozialpolitik zuständige Gewerkschafter.

Zudem forderte Schmitthenner, dass auch am Grundsatz der Parität festgehalten werden müsse. Die Arbeitgeber seien bei der Finanzierung der Sozialversicherung hälftig mit heranzuziehen. Aus diesem Grunde plädierte Schmitthenner nach derzeitigem Stand der Lage auch für die Beibehaltung der Familienversicherung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie der abgeleiteten Ansprüche im Rentenrecht, denn eine eigenständige Versicherung - insbesondere von Kindern - würde einfach nur dazu führen, dass die Arbeitnehmer stärker belastet würden.

Abschließend führte Schmitthenner aus, dass es selbstverständlich Übergangsregelungen für zusätzlich einzubeziehende Personenkreise geben müsse. "Wir zielen nicht darauf, den heute 59-Jährigen Beamten noch in die gesetzliche Krankenversicherung zu überführen". Zudem sei - mit Blick auf die Beamten - die öffentliche Hand gefordert, ein entsprechendes Bruttoentgeltsystem zu entwickeln, dass es ihnen ermögliche, entsprechende Versicherungsbeiträge zu entrichten.

Letzte Änderung: 21.03.2013