IG Metall gegen SPD-Leitantrag

IG Metall

13.10.2003 Toussaint: "Gespensterdebatte bei der SPD über Altersteilzeit"

Unter der Überschrift "innovative Arbeitszeitpolitik" firmiert ein Leitantrag der SPD zur Veränderung der seit 1996 bestehenden und Ende 2009 auslaufenden Altersteilzeit-Regelung. Das derzeitige Modell der verblockten Altersteilzeit sei, so der Vorwurf der SPD, eine versteckte Frühverrentung, die abgeschafft werden müßte. Stattdessen soll ein sogenannter gleitender Übergang in die Rente gefördert werden.

Das ist für Peter Toussaint, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Mannheim, "nicht innovativ, sondern kontraproduktiv und fern jeglicher betrieblicher Realität". Für den Gewerkschafter ist die derzeitige Debatte in der SPD gerade zu gespenstisch. "Erstens kann heute niemand die wirtschaftliche und beschäftigungspolitische Entwicklung für das Jahr 2009 und Folgende seriös beurteilen. Dies ist aber für eine solch einschneidende Änderung unverzichtbar!Zweitens haben die übereifrigen Initiatoren der SPD offensichtlich die Betriebspraktiker, wie Betriebsräte und Personalleiter, nicht zu diesem Thema und den gemachten Erfahrungen befragt," so der Metaller.Toussaint: "Es kann doch nicht ernsthaft bestritten werden, dass es Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen gebe, die es fast jedem Arbeitnehmer unmöglich mache über 45 Berufsjahre hinaus diesen Anforderungen sowohl physisch wie psychisch gewachsen zu sein.

Wer diesen Menschen den Ausstieg mit Anstand aus dem Berufsleben verbauen will, kann nur weltfremd und praxisfremd sein". Der Arbeitsmarkt biete weder heute und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch 2009, angesichts der technischen Entwicklung und des enormen Leistungsdrucks, Menschen mit einem Lebensalter von 55 Jahre und mehr keinerlei Chance auf Beschäftigung.

Außerdem werde mit diesem SPD-Leitantrag der Eindruck vermittelt, dass die älteren Beschäftigten freiwillig und leichtfertig ihre Arbeitsplätze hergeben würden. Dies würde so Peter Toussaint unterstellen, dass Kündigungen und Personalabbau in jedem Fall verhinderbar oder zumindest nur eine Sache der jüngeren Beschäftigten sei. "Dies ist überhaupt nicht der Fall" so der Mannheimer IG Metall Chef.

Betriebsräte und Betroffene stünden in solchen Fällen leider immer vor der Frage, die Älteren in den Übergang zur Rente mittels Blockteilzeit-Modell oder die Jüngeren zum Arbeitsamt zu schicken, teilweise für längere Zeit.Angesichts solch bescheidener Alternativen die verblockte Altersteilzeit in Frage zu stellen und heute schon für 2009 die Abschaffung in Aussicht zu stellen, müsse sich die SPD gefallen lassen, dass man ihr eine Politik an den Bedürfnissen der Beschäftigten und Betriebe vorbei vorwerfe.

Insofern sei der Vorschlag nicht innovativ, sondern zeige wohin falscher Reformeifer führe: An der Realität vorbei, direkt auf die Oppositionsbank! Diese Debatte ist für den Augenblick so unangemessen und gespenstisch wie der Vorwurf, dass die wenigen Aufrichtigen die Abweichler in der SPD-Fraktion seien, obwohl offenkundig die Mehrheit von Bestandteilen des Wahlprogramms abweiche und sich von Wahlversprechen verabschiedet habe!

Letzte Änderung: 21.03.2013