Die Initiative Bildung und Beschäftigung

Initiative Bildung und Beschäftigung

07.04.2011 tagte gestern Abend im Ratssaal des Mannheimer Stadthauses. Der Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz war sich mit den anderen Podiumsteilnehmern einig: "Bildung ist unser Standortvorteil"

Im baden-württembergischen Bildungssystem gibt es deutliche Misstöne. Darüber waren sich die Teilnehmer einer Podiumsrunde der INITIATIVE BILDUNG UND BESCHÄFTIGUNG rasch einig. Vor allem Kinder mit Migrationshintergrund und aus einkommensschwachen Familien hätten mit massiven Nachteilen mit Blick auf ihre Bildungschancen zu kämpfen, hieß es am Abend im Mannheimer Ratssaal.

Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz

Und obwohl Bildung eigentlich Ländersache sei, sieht der Mannheimer Oberbürgermeister, Dr. Peter Kurz, auch die Kommunen in der Pflicht. Laut Kurz bieten sich gerade auch auf kommunaler Ebene zahlreiche Gestaltungsoptionen. "Ich sehe ein Mehr an Bildungsgerechtigkeit als zentrales Handlungsfeld einer zukunftsgerechten Bildungspolitik. Auch wenn die Kommunen keinen unmittelbaren gesetzlichen Auftrag haben, so macht der Anspruch einer intakten Stadtgesellschaft Anstrengungen einer eigenen kommunalen Bildungspolitik notwendig, die allerdings auch die Unterstützung des Landes braucht", so Kurz.

Reinhold Götz

Wie wichtig alle Anstrengungen zum Thema Bildung auf kommunaler und Landesebene sind, unterstrich der Geschäftsführer der IG Metall in Mannheim, Reinhold Götz. "Bildung ist ein Standortvorteil, sichert Beschäftigung und ist Grundlage für die Weiterentwicklung des Technologiestandortes Baden-Württemberg." Er betonte: "Wir brauchen deshalb höhere Investitionen für die Bildung und ein gerechteres Bildungssystem." Angesichts sinkender Schulabgängerzahlen müsse jetzt Vorsorge getroffen werden, um den künftigen Fachkräftebedarf zu decken. Götz: "Auch junge Menschen, die keine Top-Noten aus der Schule mitbringen, brauchen Chancen auf eine qualifizierte berufliche Ausbildung." Unser Land könne es sich nicht länger Leisten, dass jeder siebte junge Mensch keine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen kann und zwei von drei Jugendlichen mit ausländischen Pass keine Lehre absolvieren.

Anna Koktsidou

In diese Kerbe schlug auch die Journalistin Anna Koktsidou: "Sechs Millionen Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund leben in Deutschland - für sie, wie für viele andere auch, sind Bildung und berufliche Qualifizierung der Schlüssel zu einer ökonomischen Integration und damit auch zu einer gesellschaftlichen Partizipation. Hier weiter voranzukommen, ist eine der großen gesellschaftspolitischen Herausforderungen." Allerdings seien hier gewaltige Hürden im Weg, denn nach wie vor spiele der sozioökonomische Status der Familie die wichtigste Rolle im Vorankommen eines Kindes. Koktsidou: "Da Migrantenkinder eher aus weniger privilegierten Schichten kommen, sind ihre Chancen schlechter."

Ihre Forderungen bringt Anna Koktsidou deutlich auf den Punkt: "Hier früh einzugreifen, mit Förderung möglichst im Kleinkindalter, aber auch später begleitend zu wirken, ist nötig. Gleichzeitig aber ist es wichtig, die Gesellschaft zu öffnen. Migranten sehen sich auch immer wieder Diskriminierung ausgesetzt: auch bei gleicher Eignung werden sie seltener zu Vorstellungsgesprächen eingeladen. Mit der gezielten Förderung von Migranten kann beispielsweise der Öffentliche Dienst vorgehen und Migranten ausbilden, einstellen und später auch weiterfördern. Dafür sind aber Zielvorgaben nötig, allein der bekundete Wille reicht nicht aus."

Jörg Hofmann

Dem schloss sich auch IG Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann an, der die INITIATIVE BILDUNG UND BESCHÄFTIGUNG im Herbst vergangenen Jahres ins Leben gerufen hatte. "Was sich Baden-Württemberg in Sachen Bildung in der Vergangenheit geleistet hat, ist nicht nur ungerecht, sondern hat die soziale Kluft vergrößert und vielen jungen Menschen die Zukunftsperspektiven geraubt." Bildung entscheide in der Gesellschaft über Lebens- und Arbeitsmarktchancen. Gleiche Bildungschancen für alle seien deshalb sowohl eine Frage der Fairness, wie auch eine Frage wirtschaftlicher Vernunft. Hofmann: "Wer heute aufgrund seiner sozialen Herkunft zurückgelassen wird, fehlt morgen den Unternehmen als Fachkraft. Soweit dürfen wir es nicht kommen lassen."

Bilder: hemut-roos@web.de

Letzte Änderung: 15.03.2013