Arbeiten ohne Ende?
Im Fokus der diesjährigen BIKO-Arbeitsschutzkonferenz für Betriebsrätinnen und Betriebsräte in Mannheim und Region im Trafohaus Mannheim stand das Thema Arbeitzeit.
Unter dem Motto "Arbeiten ohne Ende oder alles zu seiner Zeit?" erlebten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine lebhafte Konferenz mit vielen anregenden Impulsen sowohl für die betriebliche Arbeit, als auch für die anstehenden
tarifpolitischen Weichenstellungen der Tarifrunde 2018 und für die gesellschaftspolitische Durchdringungskraft der IG Metall.
Wolfgang Alles von der Arbeitskreisleitung des IG Metall-Arbeitskreises Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz erinnerte in seinem Grußwort an die historischen Forderungen der ersten Arbeiterorganisationen nach "Verbot der Nachtarbeit und der gesundheitlich schädlichen Industriearbeiten", die großen aktuellen Bezug hätten. Er begrüßte insbesondere die Gäste Dr. Ingrid Dörr, Prof. Huber sowie Ingo Marschner.
In seinem Impuls richtete Thomas Hahl, 2. Bevollmächtigter der IG Metall Mannheim, ein Dankeschön für ihr Interesse und ihre Arbeit an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den Betriebsräten und forderte die Kolleginnen und Kollegen auf, "Nachwuchs für den Arbeitsschutz" zu generieren. Er forderte klare Grenzziehungen gegenüber den Arbeitgebern und in der tarif- wie gesellschaftspolitischen Debatte: "Wir brauchen Leitplanken bei der Arbeitszeit und dürfen uns nicht darauf verlassen, dass die Arbeitgeber von sich aus den ganzheitlichen Gesundheitsschutz betreiben."
Kai Burmeister von der IG Metall Bezirksleitung berichtete in seinem Impuls von den besonderen Belastungen der Schichtarbeitenden in Zusammenhang mit den neusten Erkenntnissen zur "Inneren Uhr" und forderte die Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmer "von der Erkenntnis zum Handeln auf". Unter der Prämisse der Beteiligung aller Beschäftigtengruppen müssten alle die Arbeitszeit offensiv gestalten und dem Abbau von Schutzrechten einen deutlichen Riegel vorschieben.
Prof. Friedhelm Nachreiner von der GAWO Oldenburg, eine der Koryphäen der deutschen Arbeitswissenschaft, stellte in seinem anregenden Referat unterlegt mit vielen neuen Studienerkenntnissen die Auswirkungen von Arbeitszeit auf die Gesundheit vor. Insbesondere die gesundheitlichen Effekte von Schichtarbeitenden, von Alter und physischer wie psychischer Belastungen sind deutlich und teilweise erschreckend nachweisbar. Psychovegetative Beschwerden nehmen mit überlange Arbeitszeiten extrem zu. Die Ausfall- und Unfallwahrscheinlichkeit nehme in Abhängigkeit der Dienstjahre ebenso zu. Es gelte die Auswirkungen nach allen Möglichkeiten zu reduzieren und die Gefahr der sozialen Abkapselung der Beschäftigten zu vermeiden. Nachreiner sprach sich für eine möglichst schnelle Kompensation für Schichtbeschäftigte, v.a. Nachtschichtler, in Form von freien Tagen aus. Denn die Variabilität der Arbeit/ Arbeitszeit habe fast den gleichen Effekt für Unfallrisiken wie schwere körperliche Belastungen.
In der engagierten Diskussion mit den Konferenzteilnehmer/innen wurde deutlich, dass man die Tarifrunde 2018 zum Auftakt nehmen solle, wieder stärker auf die 35 Stunden-Woche zu fokussieren.
Klaus Pickshaus referierte am Nachmittag der Konferenz sehr anschaulich zur indirekten Steuerung und den Auswirkungen auf die Gesundheit der Beschäftigten. Die Betriebsräte müssten hartnäckig wie kontinuierlich an der Umsetzung der Implikationen aus dem Arbeitsschutzgesetz, dem Betriebsverfassungsgesetz und den Tarifverträgen arbeiten. Ermutigende Beispiele gebe es gerade im Bezirk Baden-Württemberg. Die Ergebnisse der Beschäftigtenbefragung der IG Metall zeigten, dass die Arbeitszeit-Fragen der Orientierungspunkt für die kommenden Debatte sei.
Wolfgang Alles rief die Kolleginnen und Kollegen auf, sich zu organisieren, um zu gewinnen und stellte insbesondere die ganzheitliche Gefährdungsbeurteilung als wirkungsvollstes Instrument des betrieblichen Gesundheitsschutzes vor. Alles warb für die breite Teilnahme an den Mitmachmöglichkeiten und Seminarangeboten diesbezüglich der BIKO und der IG Metall.
Im Themenblock "Konfliktfeld Arbeitszeit" berichteten und diskutierten mehrere Betriebsräte, von MetoKote, von Prominent und vom Benz in Mannheim von ihren betrieblichen Erfahrungen zum Thema. Sie ermutigten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur aktiven Arbeit auch gegen erhebliche Widerstände, um Verbesserungen für die Beschäftigten umzusetzen.
Benedikt Hummel von der IG Metall Mannheim sicherte die Unterstützung der IG Metall zu und rief dazu auf, viele Kolleginnen und Kollegen für die Mitarbeit im Arbeitskreis zu gewinnen. Er dankte allen Referenten und Diskutanten für die engagierte, lebendigen Beiträge. Man gehe mit den Erkenntnissen aus dem Arbeitsschutz gestärkt und motiviert in die anstehende Tarifauseinandersetzung.
Letzte Änderung: 24.10.2017