Coronavirus: Fragen und Antworten

IG Metall: Information

13.03.2020 Was Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jetzt wissen sollten: IG Metall informiert zu den wichtigsten Fragen - Ab nächster Woche Informationen auch über die Betriebsräte eurer Betriebe erhältlich

Aktuelle Information:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

angesichts der sich zuspitzenden Coronavirus-Pandemie möchten wir euch die wichtigsten Fragen und Antworten aktuell zusammenstellen.

Danke an die IG Metall-Vorstandsverwaltung und Bezirksleitung BaWü für die Zusammenstellung.

Darf ich aus Angst vor Ansteckung von der Arbeit fernbleiben? Wer zahlt für eine Quarantäne? Kann der Arbeitgeber das Tragen einer Atemschutzmaske anordnen? Wir beantworten häufige Fragen und geben Tipps, wie sich die Gefahr einer Ansteckung reduzieren lässt.

Seit dem großen Ausbruch der Lungenerkrankung Covid-19 im Nachbarland Italien mit Tausenden Infizierten steigt auch die Zahl der Coronavirus-Infektionen in Deutsch­land stetig. Welt­weit sind Zehn­tausende Infektionen bekannt und mehr als 3000 Menschen gestorben.

Wie ansteckend ist das Coronavirus? Wie kann man sich schützen? Und welche Rechte und Pflichten sollten Arbeitnehmer in Zusammenhang mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 kennen? Tjark Menssen, Jurist bei der DGB Rechtsschutz GmbH, gibt Antworten.

Darf ich aus Angst vor Ansteckung von der Arbeit fernbleiben?

Nein. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen der Arbeit nur fernbleiben, wenn sie tatsächlich arbeitsunfähig sind. Ist das nicht der Fall, sind sie zur Arbeit verpflichtet.

Auch bei Ansteckungsrisiko: Muss ich für eine Krankmeldung die Arztpraxis aufsuchen?

Nicht in jedem Fall: Ab sofort bekommen Beschäftigte mit leichten Erkrankungen der oberen Atemwege nach telefonischer Rücksprache mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt eine Bescheinigung auf Arbeitsunfähigkeit (AU) bis maximal sieben Tage ausgestellt. Sie müssen dafür nicht die Arztpraxen aufsuchen. Darauf haben sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband verständigt.

Die Regelung gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die an leichten Erkrankungen der oberen Atemwege erkrankt sind und keine schwere Symptomatik vorweisen oder Kriterien des Robert-Koch-Instituts (RKI) für einen Verdacht auf eine Infektion mit COVID-19 erfüllen. Diese Vereinbarung gilt ab 9. März für vier Wochen.

Besteht ein Entgeltfortzahlungsanspruch bei Quarantäne?

Beschäftigte haben keinen Anspruch auf Gehaltszahlung vom Arbeitgeber während einer Quarantäne. Nur bei einer Arbeitsunfähigkeit wäre der Arbeitgeber verpflichtet, Lohnfortzahlung zu leisten. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten aber eine Entschädigung in Höhe des Gehalts.

Sachlich besteht der Entschädigungsanspruch gegen die Landesbehörde, die die Quarantäne angeordnet hat. Damit aber Beschäftigte möglichst ohne Unterbrechungen Geld bekommen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, mit der Entschädigungszahlung in Vorleistung zu gehen - für die Dauer von höchstens sechs Wochen. Falls der Arbeitgeber nicht in Vorleistung geht, zum Beispiel, weil er sich weigert, können sich Beschäftigte mit ihrem Entschädigungsanspruch direkt an das Landesamt wenden.

Darf ich zu Hause bleiben, wenn die Kita oder die Schule meines Kindes geschlossen wird?

Eltern müssen sich bei einer Kita- oder Schulschließung aufgrund des Coronavirus um eine alternative Betreuung für ihre Kinder kümmern. Wenn das nicht klappt, müssen sie Urlaub nehmen. Eine kurzfristig anfallende Kinderbetreuung ist ein Grund, dass der Arbeitgeber den Urlaub nicht ohne weiteres ablehnen kann. Dem Urlaubswunsch kann aber der Urlaubswunsch anderer Beschäftigter entgegenstehen, deren Kinder ebenfalls ohne Betreuung sind. Alternativ kann man den Arbeitgeber um eine Freistellung bitten, die erfolgt allerdings ohne Bezahlung. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten sich auch an ihren Betriebsrat wenden, damit im Betrieb eine einheitliche Regelung erreicht wird.

Kann der Arbeitgeber zusätzliche Überstunden anordnen, wenn viele Kolleginnen und Kollegen krankheitsbedingt ausfallen?

Überstunden können nur mit Zustimmung des Betriebsrats - und wo dieser fehlt - nur mit Zustimmung der oder des Beschäftigten angeordnet werden, wenn sich die Ableistung nicht aus dem Arbeitsvertrag ergibt. Eine Pflicht zur Ableistung von Überstunden besteht ansonsten nur bei einem schwerwiegenden drohenden wirtschaftlichen Schaden, wenn nach den Grundsätzen von Treu und Glauben eine Rücksichtnahme des Arbeitnehmers erwartet werden kann. Da Überstunden nur nach Tarifvertrag zuschlagspflichtig sind, sollte außerhalb einer Geltung des Tarifvertrags der Zuschlag gesondert vereinbart werden.

Kann der Arbeitgeber das Tragen einer Atemschutzmaske anordnen?

Das Direktionsrecht des Arbeitgebers ist immer an den Grundsätzen von Treu und Glauben, das heißt auch der Verhältnismäßigkeit zu messen. Derzeit besteht keinerlei Gefährdungslage. Bei einem Verdacht auf Erkrankung besteht auch eine Notwendigkeit, sich in ärztliche Behandlung zu begeben, womit sich die Frage einer Arbeit mit Maske nicht stellt. Dass ärztliches Behandlungspersonal hingegen zum Tragen von Schutzmaskenverpflichtet ist, dürfte klar sein.

Darf der Arbeitgeber einen Atemschutz verbieten?

Eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer sollte sich generell rücksichtsvoll anderen gegenüber oder auch zum Schutz der eigenen Gesundheit verhalten. Es besteht kein Grund, einen Mundschutz zu verbieten.

Darf der Arbeitgeber kranke Beschäftigte nach Hause schicken?

Bei bestehender Arbeitsunfähigkeit muss der Arbeitgeber wegen jeder Erkrankung von der Arbeitspflicht entbinden. Bei einer ansteckenden Krankheit ergibt sich das auch aus der Fürsorgepflicht den gesunden Mitarbeitern gegenüber.

Dürfen Arbeitgeber fragen, woran Beschäftigte erkrankt sind?

Nein. Beschäftigte sind hierzu nicht verpflichtet Auskunft zu geben.

Muss der Arbeitgeber Desinfektionsmittel oder Atemschutz bereitstellen?

Derzeit besteht eine solche Pflicht nicht. Er handelt aber in eigenem Interesse, mögliche Übertragungswege einzudämmen.

Kann der Arbeitgeber Auskunft über Reiseaktivitäten verlangen?

Nein. Beschäftigte sind nicht verpflichtet, über persönliche Umstände zu informieren.

Darf der Arbeitgeber eine Reise in vom Coronavirus betroffene Länder anordnen?

Das Direktionsrecht darf nur im Rahmen von Treu und Glauben ausgeübt werden. In diesem Sinne darf der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer keiner Gesundheitsgefährdung oder sonstigen Risiken aussetzen. Ob das allerdings beim Coronavirus bereits der Fall ist, ist schwer zu beurteilen.

Die IG Metall Mannheim wird ab Montag auch an die Betriebsräte und Vertrauensleute in den von uns betreuten Betrieben eine aktuelle Information versenden und Beratungs- sowie Handlungshinweise für Beschäftigte geben. Wir beobachten die Entwicklungen tagesaktuell und werden euch zeitnah informieren.

Letzte Änderung: 13.03.2020